Der Oberösterreicher Michael Sandner kam bei der Motocross Weltmeisterschaft in Arco im April 2023 so heftig zu Sturz, dass er sich unter anderem einen Bruch des C1/C2 Halswirbels und T3-T7 Brustwirbels zugezogen hatte, Schulter luxiert, Schulterblatt, Schambein und sämtliche Rippen gebrochen und daraus folgend mehrere Tage auf der Intensivstation verbrachte. Nach einem monatelangen Kampf mit Operationen, starken Schmerzen und unzähligen Stunden bei der Physiotherapie, stieg Sandner am gestrigen Mittwoch erstmals seit dem Unglück wieder auf seine KTM, um seine ersten Runden zu drehen. Mit seinem Kampfgeist setzte sich der 25-Jährige zum Ziel, im kommenden Jahr wieder in das Renngeschehen zurückzukehren.
Michi, wenn wir nochmals auf das WM-Rennen in Arco kurz zurückblicken. Was genau ist denn passiert und war dir sofort nach dem Sturz bewusst, wie schwer du verletzt bist?
Michi Sandner: „Ich hatte die erste Welle in der Wellensektion schräg genommen und da diese relativ kantig ausgefahren waren, dürfte ich irgendwie einen Schlag oder Stoß, das weiß ich nicht so genau, auf meine Schulter bekommen haben, sodass mir diese unter dem Fahren ausgekugelt ist. Daraufhin verlor ich die Kontrolle über mein Motorrad und überschlug mich. Ich lag am Boden und spürte für die ersten drei Sekunden halsabwärts nichts mehr. Zum Glück kam das Gefühl relativ schnell wieder zurück und ich wusste, dass die Erstversorger bei der Abnahme meines Helms bzw. Erstversorgung sehr vorsichtig handeln müssen. Da ich sehr starke Schmerzen in der Schulter hatte und das Morphium, das sie mir direkt auf der Strecke gaben, nicht wirklich wirkte, hatten sie mir daraufhin ein noch stärkeres Schmerzmittel gegeben, das mich in eine filmreife Nahtoderfahrung brachte. Mein Leben lief im Schnelldurchlauf vom Anfang bis zum Ende durch und wurde in meinem „Traum“ zu einem immer kleineren Punkt, woraufhin ich sehr kämpfen musste, dass dieser nicht komplett verschwand, sprich dass ich bei Bewusstsein bleibe. Danach wachte ich mit immer lauter werdenden „Michi“-Rufen auf und die Ärzte im Krankenhaus waren gerade dabei mir meine Schulter wieder einzurichten.“

© Irina Gorodniakova
Es muss ein unvorstellbar harter Weg zurück gewesen sein. Kannst du uns bei deinem Weg zurück etwas teilhaben lassen?
„Nach 4 Tagen Intensivstation in Italien, wurde der Transport zurück nach Österreich (Innsbruck) von meinem Arzt Dr. Christian Süss und Heinz Kinigadner organisiert, woraufhin ich am Freitag von den Spezialisten in Innsbruck über 10 Stunden lang operiert wurde. Leider waren die starken Nebenwirkungen der Medikamente nicht gerade hilfreich in meiner Situation (Halluzinationen usw.). Nach den ersten drei Tagen machte ich auch schon die ersten Schritte seit einer Woche. Exakt 7 Tage nach meiner OP ging es zurück nach Hause, wo es ein sehr schwerer Kampf war wieder in den normalen Alltag zurückzufinden. Leider kamen auch noch Entzugserscheinungen durch Absetzung der Medikamente, was zweiwöchiges Fieber verursachte und alleine der Weg zur Toilette eine totale Vollkatastrophe war. Durch die Hilfe sehr guter Physiotherapeuten, einer dreiwöchigen REHA und meinem eisernen Willen, konnte ich den steinigen Weg jeden Tag minimieren und auf jeden Tag zurückblicken, was ich geschafft habe, denn das war wohl der geringste Preis, den ich für so eine Verletzung zahlen musste. Schlussendlich bin ich endlos dankbar dafür, meine Lebensqualität wieder zurückgewonnen zu haben!“
Am gestrigen Mittwoch bist du laut deinem Instagram Kanal erstmals wieder auf dem Motorrad gesessen. Wie haben sich die ersten Runden angefühlt?
„Es waren anfangs gemischte Gefühle, da doch eine leichte Ungewissheit mitgefahren ist. Jedoch bemerkte ich relativ schnell, dass mein Körper keine Probleme macht. Von Runde zu Runde kam auch wieder eine Spur an Sicherheit zurück und ich habe mir gedacht „ich hab‘s ja doch nicht verlernt.“
Denkst du, dass dieser Sturz bei den Rennen, die du noch bestreiten wirst, deine Denkweise am Renntag ändern wird?
„Das ist eine schwierige Frage. Aber ich denke sobald das Startgatter fällt, wird mein Fokus definitiv auf dem aktuellen Renngeschehen liegen.“
Wirst du jetzt direkt in das Training starten und wie sehen deine Pläne für die Saison 2024 aus?
„Da ich mich bzgl. des Springens noch etwas gedulden muss, werde ich mich vorerst weiterhin auf meine körperliche Verfassung (Cardio, Krafttraining) konzentrieren und hin und wieder Technik- und Kurventraining auf flachen Strecken ohne Sprünge konzentrieren. Ab Dezember werde ich dann wieder zur Gänze auf meine alten Trainingsgewohnten am Bike umstellen. Mein Ziel ist Ostermontag in Paldau am Start zu stehen, bis dorthin läuft noch viel Wasser den Bach runter und ich werde alles dafür geben, um wieder in meine alte Form zu kommen. Denn wie sagt man so schön – aufgegeben wird nur ein Brief!“